Im ARD-Sommerinterview sprach sich CDU-Vorsitzender Friedrich Merz dafür aus, die vom Staat übernommenen Wohnkosten für Bürgergeld-Empfänger*innen zu begrenzen. Er brachte unter anderem pauschale Leistungen, niedrigere Obergrenzen und eine Reduzierung der förderfähigen Wohnungsgrößen ins Gespräch.
Zur Begründung führte er an, dass Bürgergeld-Beziehende teilweise in Wohnungen lebten, die sich „eine normale Arbeitnehmerfamilie nicht leisten könne“ – bis zu 100 m² groß und mit Mieten bis zu 2.000 Euro im Monat. Merz kündigte an, hier „durchgreifen“ zu wollen und versprach Einsparungen in Milliardenhöhe.
Juristische und politische Einordnung:
Das Bundesverfassungsgericht hat mehrfach betont, dass angemessene Unterkunftskosten Teil des grundrechtlich geschützten Existenzminimums sind und vom Staat getragen werden müssen. Eine Pauschalierung wäre nur dann zulässig, wenn sie so bemessen ist, dass Betroffene realistisch am Wohnungsmarkt eine Wohnung anmieten können. In vielen Regionen Deutschlands ist das angesichts der Mietpreise nicht gewährleistet.
Tatsächlich finanzieren Jobcenter über die Wohnkostenübernahme auch Mieterhöhungen großer Wohnungskonzerne wie Vonovia – ein Geschäftsmodell, das kritisiert werden muss. Um die Ausgaben zu begrenzen, wären nicht Leistungskürzungen, sondern Maßnahmen gegen steigende Mieten erforderlich.
Zahlreiche Bürgergeld-Beziehende erhalten schon heute nicht die tatsächlichen Wohnkosten erstattet:
Im Jahr 2023 betraf das rund 325.000 Bedarfsgemeinschaften (etwa 12,2 % aller Fälle). Sie mussten monatlich durchschnittlich 103 Euro aus eigenen Mitteln aufbringen. Besonders stark war die sogenannte Wohnkostenlücke in Stuttgart (durchschnittlich 338 Euro), sowie in Städten wie Freiburg und Frankfurt.
Hintergrund zur Wohnkostenlücke:
Auswertung zur Wohnkostenlücke 2023:
https://www.linksfraktion.de/fileadmin/user_upload/Wohnkostenluecke_Buergergeld_2023.pdf
Bundestagsanfrage zur Wohnkostenlücke 2024 vom 9. Juli 2025:
https://dserver.bundestag.de/btd/20/117/2011735.pdf
Fazit:
Der Vorschlag von Friedrich Merz würde in der Praxis bedeuten, dass viele Bürgergeld-Empfänger*innen aus Städten verdrängt werden – etwa in Randlagen oder ländliche Gebiete. In Zeiten von Wohnraummangel und explodierenden Mieten ist bezahlbarer Wohnraum in vielen Städten kaum noch zu finden. Statt jedoch den sozialen Wohnungsbau voranzutreiben oder wirksame Mietpreisbegrenzungen einzuführen, sollen die Kosten durch Einschränkungen bei den Bedürftigen reduziert werden.
Sollte eine pauschale Begrenzung der Wohnkosten beschlossen werden, ist mit einer erneuten Prüfung durch die Gerichte zu rechnen.

