Das Sozialgericht (SG) Karlsruhe hat nach der Ablehnung des ersten Vorlageverfahrens durch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) wegen formeller Mängel ein neues, besser begründetes Verfahren eingeleitet. In dem Beschluss vom 28.08.2024 (S 12 AS 2069/22) wird argumentiert, dass § 73 SGB II (Sonderzuschläge Corona) in Verbindung mit unzureichenden Regelleistungen das menschenwürdige Existenzminimum für Empfänger des Bürgergelds nicht gewährleistete und die Bestimmung daher voraussichtlich verfassungswidrig ist.
Das SG Karlsruhe stützt seine Einschätzung auf folgende Punkte:
- Die Einmalzahlungen in Höhe von (150 € bzw.) 200 € waren zu niedrig.
- Die Zahlungen wurden zu spät geleistet.
- Die Beträge wurden entgegen verfassungsgerichtlicher Vorgaben für die Regelbedarfsermittlung ohne ausreichende Grundlage festgelegt.
- Die Zahlungen erfolgten erst im Mai 2021 bzw. Juli 2022 und betrafen rückwirkende Zeiträume, sodass sie nicht rechtzeitig zur Verfügung standen.
Das Verfahren wird ausgesetzt, bis das BVerfG im Normenkontrollverfahren 1 BvL 2/23 entschieden hat, ob die §§ 70 und 73 SGB II mit dem Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum sowie dem allgemeinen Gleichheitssatz vereinbar sind.
Hinweis: Der Vorlagebeschluss des SG Karlsruhe an das BVerfG ist hier abrufbar:
https://www.landesrecht-bw.de/bsbw/document/NJRE001589098
Anmerkung:
Derzeit sind mehrere Verfahren zur Höhe der Regelleistungen und Einmalzahlungen während der Corona-Pandemie beim Bundessozialgericht (BSG) und erneut beim BVerfG anhängig. Um vor Gericht erfolgreich höhere Regelleistungen durchzusetzen, sind ein langer Atem und eine sorgfältige Beweisführung zur Unterdeckung erforderlich. Die bloße Behauptung, dass die Regelleistungen zu gering sind, reicht nicht aus; dies muss klar nachgewiesen werden. Dieser Nachweis ist in den Tatsacheninstanzen zu erbringen, nicht erst vor dem BSG oder dem BVerfG. Die Argumentation zur Unterdeckung ist entscheidend für den Erfolg solcher Klagen – dies sollten alle Kläger und Klägerinnen berücksichtigen.